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Sportpolitisches Forum

Lüchow. Ein Forum soll eine Möglichkeit zum Austausch bieten, um Ideen zu entwickeln, um Kontakte zu knüpfen. Und es kann Orientierung geben. Beim ersten sportpolitischen Forum des Kreissportbundes (KSB) Lüchow-Dannenberg mit vier Politikerinnen und Politikern, die sich als Direktkandidaten ihrer Parteien zur Landtagswahl am 9. Oktober stellen, sowie mit Vertretern des Sports war es zumindest mit der Orientierung etwas schwierig. Ein Fazit des knapp zweieinhalbstündigen Austausches ist: In puncto Sport und dessen aktueller und künftiger Rolle in der Gesellschaft unterscheiden sich die Positionen der Parteien und Kandidaten nicht nennenswert.

Dennoch dürfen Sportfreunde zuversichtlich sein. Die vier Kandidaten – die Vertreter der FDP und der Basis hatten nicht auf die sportliche Einladung reagiert – betonten am Dienstagabend im Amtshaus in Lüchow unisono die Wichtigkeit des Sports. Praktisch alle wollen Voraussetzungen verbessern, Strukturen optimieren, Gelder locker machen, die Finanzierung verstetigen und auf rechtssichere Füße stellen – Stichwort: Sportförderung durch das Land. Die Frage ist nur: Gelingt das? Denn die Probleme, die es mit Blick auf die Vereine und den Amateursport zu lösen gilt, sind enorm.

Um diese Probleme anzugehen, reichten keine Sonntagsreden, stellte Christian Röhling, Vorstandsmitglied des Landessportbundes (LSB), sinngemäß heraus. Wirksame Maßnahmen für den Sport müssten konkret in Koalitionsverträgen oder Gesetzesvorhaben verankert werden. Der Sport dürfe an den entscheidenden Stellen nicht unsichtbar sein, müsse sich vielmehr wiederfinden, brauche Verantwortliche und Kompetenz.

Der Wille dazu ist in der Politik offenbar vorhanden. Das wurde vor allem bei einer offenen, konstruktiven Diskussion im zweiten Teil des Treffens deutlich.

Corona

Die Kontaktbeschränkungen haben den Sport hart getroffen. Sollte es im Herbst oder Winter erneut Pandemieprobleme geben, müsse der Sport das letzte sein, was heruntergefahren werden sollte, betonten Miriam Staudte (Bündnis 90/Die Grünen), Viktor Linsel (Die Linke), Gregor Szorec (SPD) und Uwe Dorendorf (CDU) ohne große Differenzen.

Krieg und Flüchtlinge

Ein großes Problem für die Vereine waren, sind oder werden womöglich wieder geschlossene Hallen. Erst waren die Sporträume wegen Corona dicht, mittlerweile werden noch immer Hallen gerne für die Erstaufnahme von Geflüchteten genutzt. Konsequenz: Es ist kein Sport möglich, nicht für Vereine, nicht für Schulen. Eine klare Perspektive, wann wieder Normalität einkehrt, gibt es nicht. Gerade in der kalten Jahreszeit sei das ein Unding. „Da muss es andere Lösungen geben“, forderte stellvertretend Uwe Steinhäuser, Vorsitzender des SC Lüchow.

Victor Linse stellte fest, es gebe genug Gebäude gerade in der Region, die beispielsweise von Investoren gekauft worden sein und leer stünden, beispielsweise in Steine. Solche Möglichkeiten müssten verstärkt genutzt werden. Miriam Staudte plädierte für mehr dezentrale Lösungen bei der Flüchtlingsunterbringung, auch private Initiativen müssten mehr unterstützt werden. „Sporthallen dürfen nicht die erstbeste Alternative sein, die dann zu einem Dauerzustand wird.“ Auch in der ehemaligen Kaserne in Neu Tramm gebe es Raum für Geflüchtete und sogar eine Sporthalle, erinnerte Uwe Dorendorf. Man müsse zu dieser Möglichkeit nur „Ja“ sagen. Für Gregor Szorec sind Hallenschließungen oder Umnutzungen eine sportliche Zumutung. „Schwimmen lernen kann man nur im Wasser“, betonte der Dannenberger, und für viele Sportangebote seien Hallen nun einmal unverzichtbar.

Energiekrise und Kosten

Die RBSA des SC Lüchow hat zwischenzeitlich ihr Angebot Wassergymnastik ausgesetzt. Die Temperatur im Lüchower Ganzjahresbad war zu niedrig, weil der Betreiber nicht mehr so viel heizt, um Kosten zu sparen. Womöglich bleiben auch in Sporthallen demnächst die Heizungen oder auf Fußballplätzen die Flutlichter aus, weil die Vereine oder Kommunen Energie sparen müssen oder schlicht die Rechnungen nicht bezahlen können. Der Sport läge erneut brach, das dürfe auf keinen Fall passieren, fordern LSB, KSB und die Vereine.

Der Sport und die Schulen seien „absolut die falschen Stellen, um den Rotstift anzusetzen“, sagte Victor Linsel dazu. Und Miriam Staudte betonte: „Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist der Sport systemrelevant. Die Möglichkeiten, den allgemeinen Sport zu betreiben, müssen aufrecht erhalten werden.“ Gregor Szorec rief die Worte von Ministerpräsident Stefan Weil in Erinnerung, der kürzlich in Lüchow war: „Noch so ein Jahr im Sport funktioniert nicht. Dann geht zu viel kaputt.“ Auch Sportvereine müssen und können sparen, mahnte Uwe Dorendorf. Das dürfe aber nicht dazu führen, den Betrieb insgesamt zu gefährden.

Bürokratie

Der bürokratische Aufwand beispielsweise bei Förderanträgen ist beim Amateursport mittlerweile immens. Das könne das Ehrenamt womöglich bald nicht mehr leisten, betonte KSB-Chef Ward sinngemäß. Ohne die vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer, Trainer, Betreuerinnen oder Funktionäre bräche der Sport zusammen. Und denen werde zu viel zugemutet. Geld sei vorhanden, aber viele Möglichkeiten würden nicht genutzt. Motto bei den Verantwortlichen: „Das ist mir zu kompliziert.“ Auch die Politik hat das Problem erkannt und will für Abhilfe sorgen, machte das Kandidaten-Quartett klar. Abgesehen vom Stichwort „niederschwellige Anträge“ gibt es zu dem ewigen Thema aber nichts Konkretes.

Ehrenamt

„Ehrenamt braucht Hauptamt“: So lautete bei dem Forum immer wieder eine Forderung von der Basis an die Politik. Die Amateur-Funktionäre benötigten mehr kompetente Unterstützung; auf kommunaler Ebene und darüber. Und es brauche mehr Wertschätzung. „Das Ehrenamt muss attraktiver werden“, betonte Peter Ward eine weitere Aufgabe für die Politik. Eine Möglichkeit sei, die Sportförderung aus der Freiwilligkeit herauszuholen und zur Pflichtaufgabe zu machen, regte Ralf Bombeck, Geschäftsführer des MTV Dannenberg, an. Und für sportliche Weiter- oder Ausbildungen müsse es Freistellungen wie beispielsweise bei der Feuerwehr geben.

Uwe Dorendorf warb in dieser Hinsicht für die Idee, ehrenamtliches Engagement womöglich mit zusätzlichen Rentenpunkten zu belohnen. Das sei auch eine Form der Anerkennung und eine Überlegung wert. Sportförderung als Pflichtaufgabe für die Kommunen und Freistellungen für sportliche Fortbildungen seien „gute Anregungen“, ist Victor Linse für eine Unterstützung des Sports auf diesem Weg offen. Gregor Szorec und Miriam Staudte stellten das Prinzip der freiwilligen Aufgaben und der Pflichtaufgaben gänzlich zur Debatte. „Das Paket muss aufgeschnürt werden“, so Szorec. „Was ist zeitgemäß, welche Aufgabe ist wo am sinnvollsten angesiedelt?“ So ähnlich sieht das auch Staudte und erinnerte daran, dass selbst in Zeiten des Klimawandels das Thema Klimaschutz bei den Kommunen immer noch eine freiwillige Aufgabe sei. „An dieses Thema muss man grundsätzlich einmal herangehen.“

Grundsätzliches steht nach Ansicht des LSB und des KSB auch für die Vereine und die vielen Tausend sportlichen Akteure auf der politischen Agenda, wenn der großen Bedeutung des Amateursportes in puncto Gesundheit, Fitness, Rehabilitation, sozialer Austausch oder gesellschaftlicher Zusammenhalt weiterhin ehrenamtlich Rechnung getragen werden soll. Und auch, wenn das erste sportpolitische Forum des KSB wenig Greifbares zutage gefördert hat, war Vorsitzender Peter Ward zufrieden. „Das war ein guter, lebhafter Austausch mit einigen fruchtbaren Anregungen. Alle wollen im Grunde das Beste für den Sport. Aber es ist noch ein weiter Weg zu gehen.“